Im Mai 2021 tritt die neue SIA-Norm 384/6:2021 Erdwärmesonden in Kraft. Welches sind die neuen Anforderungen an Bauherrschaften, Ingenieure und Energiefachleute? Wir haben für Sie die wichtigsten Änderungen zusammengestellt.

1) Geothermische Entwicklung in der Umgebung:

Der schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA reagiert mit der SIA-Norm 384/6 auf die zunehmende Dichte von Erdwärmesonden in vielen Gemeinden und Städten. Sie verlangt deshalb ab sofort, bei der Dimensionierung von Erdwärmesonden-Anlagen nicht wie üblich nur die Parameter des eigenen Projektes zu berücksichtigen, sondern neu auch die zukünftige geothermische Nutzung in der unmittelbaren Projektumgebung. Das heisst, die Planer müssen sich in Zukunft mit neuen Datenquellen auseinandersetzen.
 

2) Nutzungsvereinbarung:

Eine wichtige Neuerung ist eine Nutzungsvereinbarung mit der Bauherrschaft, in der die Auslegungsziele festgelegt werden (z.B. die Wahl des Wärmeträgers in den Sonden, die Definition des Auslegungszeitraumes und die Kompensation des zu erwartenden Einflusses künftiger Erdwärmesonden in der Projektumgebung durch aktive Regeneration oder Mehrlänge).
 

3) Prüfverfahren:

Das mit der ersten Norm im Jahr 2010 eingeführte Prüfverfahren wird aktualisiert. Dabei sind insbesondere die erforderlichen Prüfdrucke für die Dichtigkeitsprüfung und Vorgaben für die Protokollierung der Anschlüsse von Sondenverlängerungen und die Befüllung der Anlage angepasst worden.
 

4) Minimale Anforderungen an die Messungen:

Für die thermischen Response Tests (TRT) und Temperaturmessungen sind minimale Anforderungen festgelegt worden. Die Toleranzgrenzen gemessener thermo-physikalischer Parameter für die Dimensionierung, wie z.B. die Bodentemperatur oder die Wärmeleitfähigkeit, wurden neu definiert.
 

5) Datenaustausch:

Die letzte wichtige Ergänzung betrifft einen Vorschlag für den Datenaustausch über geografische Informationssysteme (GIS) für die öffentliche Bereitstellung planungsrelevanter Randbedingungen und Informationen z.B. zu Bohrungen. Dies ist insofern relevant, als dass der Informationsaustausch mit der zunehmenden Digitalisierung in Zukunft mit Sicherheit an Bedeutung gewinnen wird.

Durch Erdwärmenutzung verändert sich die Temperatur des Bodens rund um die Erdwärmesonde (EWS). Auf dem linken Bild ist die Bodentemperatur nach 50 Jahren Wärmeentzug durch eine einzelne EWS (schwarzer Punkt, Projekt A) dargestellt. Die rote Fläche stellt die praktisch unveränderte Bodentemperatur dar. Nur im unmittelbaren Bereich um die Sonde wird der Boden stärker abgekühlt (grün, blau). Falls in der Projektumgebung weitere EWS in Betreib sind, können sich die Temperatursenken nahe beieinander liegender Sonden überlagern. Auf dem Bild rechts ist zu sehen, dass die Temperatursenken benachbarter EWS-Anlagen (rote Punkte) sich sehr stark überlagern und so zu einer zusätzlichen Abnahme der Bodentemperaturen führen. Nach der neuen SIA-Norm 384/6 muss die bestehende und zu erwartende Erdwärmenutzung bei der Planung eines Projektes berechnet werden.

 

Zur neuen SIA-Norm 384/6

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