Am Spitze Stei oberhalb des Oeschinensees drohen grosse Felsabbrüche, die als Murgänge bis ins besiedelte Gebiet der Gemeinde Kandersteg vordringen könnten. Seit 2018 wird die instabile Bergflanke umfassend untersucht und kontinuierlich überwacht. Ziel der Arbeiten ist es, die vom Spitze Stei ausgehende Gefährdung möglichst genau einzuschätzen und zukünftige Ereignisse sicher zu bewältigen. Die GEOTEST AG übernimmt zentrale Aufgaben in diesem Grossprojekt.

Kandersteg, Berner Oberland
46° 28′ 39″ N, 7° 43′ 24″ O

2018 – heute

Ausgangslage

Rutschung Spitze Stei
Die instabile Bergflanke am Spitze Stei erstreckt sich über eine Fläche von einem halben Quadratkilometer und umfasst etwa 16 Millionen Kubikmeter Fels und Schutt in einem Höhenbereich zwischen 2'200 und 3'000 Meter über Meer (vgl. nachfolgende Karte).

Die Flanke des Spitze Steis grenzt östlich an die Ausbruchnische des Fisistockbergsturzes. Der Fisistockbergsturz mobilisierte vor 3200 Jahren rund 800 Millionen Kubikmeter Felsmaterial und lagerte dieses im Kandertal bis unterhalb Kandergrund ab, mit einer Auslaufdistanz von über 10 Kilometern. Zahlreiche weitere rezente Bergstürze rund um den Oeschinensee zeugen von der heiklen geologischen Disposition bezüglich Bergstürzen, bedingt durch die nach Nordwesten einfallenden Wechsellagerungen aus Tonen, Mergeln und Kalken der Doldenhorndecke.

Betroffene Bergflanke am Oeschinensee.

Übersichtskarte mit der Rutschung Spitze Stei (rot eingefärbte Fläche), dem Oeschinensee und dem Siedlungsgebiet von Kandersteg. Die Rutschung befindet sich zwischen 2'200 und gut 3'000 m ü. M. in einem Höhenbereich mit rasch degradierendem Permafrost. Die innerhalb der Rutschfläche gezeichneten farbigen Punkte dienen dem Vergleich mit den weiter unten gezeigten Animationen und Abbildungen. Die Koordinatenquadrate haben eine Seitenlänge von einem Kilometer. .

Animierte Geländemodelle des Spitze Stei für die Jahre 2021 bis 2024. Die mittels Vermessungsdrohne aufgenommenen Geländemodelle repräsentieren den ausgeaperten Zustand der Rutschung Anfang Herbst (Aufnahmedatum oben rechts). Die farbigen Punkte dienen dem Vergleich mit den weiteren Animationen und Abbildungen.Zustand der Rutschung Anfang Herbst (Aufnahmedatum oben rechts). Die farbigen Punkte dienen dem Vergleich mit den weiteren Animationen und Abbildungen.

Schrägansicht des oberen Bereichs der Rutschung Spitze Stei (vgl. roter und grüner Punkte für räumliche Orientierung in der obigen Karte) und der westlich davon liegenden Gleitfläche des Fisistockbergsturzes. Wechsellagerung und Schichteinfallen der Sedimente sind klar erkenntlich. Unterhalb des roten Punkts ist das markante Nackental entlang des Ostgrats des Spitze Stei sichtbar, das sich aufgrund der jüngsten starken Bewegungen gebildet hat.

Bei der Flanke des Spitze Steis handelt es sich um ein versacktes, nicht abgestürztes Relikt der oben genannten Bergstürze. In den vergangenen Jahren haben Bewegungsraten und Abbruchaktivität in der Flanke stark zugenommen, was auf dessen zunehmende Destabilisierung hinweist. Auftauender Permafrost und dadurch zunehmende Wasserdrücke im Berg dürften bei der Reaktivierung der Flanke eine entscheidende Rolle spielen.
 

Aktuell werden in grossen Bereichen der Flanke Bewegungsraten von mehreren Metern pro Jahr gemessen (vgl. nachfolgende Animationen). Häufige Abbrüche von Fels- und Schuttpaketen verdeutlichen die hohe Dynamik des Hangs. Die zunehmend starken, tiefgründigen Bewegungen in der Flanke des Spitze Steis deuten darauf hin, dass es künftig zu grossen Felsabbrüchen kommen könnte.

Animation der Rutschung von 2020 - 2024.

Geländebewegungen am Spitze Stei, 21. September 2020 – 23. August 2024. Der rote 25 m Massstab in der Grossansicht dient zur Quantifizierung der Geländebewegungen, die in der Rutschung verbreitet mehrere Meter pro Jahr erreichen. In mehreren Bereichen sind zudem Felsabbrüche erkennbar.

GPS-Messreflektoren.

Animierte Geländemodelle des Spitze Stei für die Jahre 2021 bis 2024 (Aufnahmedatum oben rechts). Die farbigen Punkte dienen dem Vergleich mit den weiteren Animationen und Abbildungen.

Animation Rosshubel von 2021 - 2024.

Luftbild vom Aufnahmestandort der obigen Animation, mit Blick auf die Rutschung, den unterliegenden Oeschibach sowie das Dorf Kandersteg. Oben links im Foto ist die Gleitfläche des Fisistockbergsturzes sichtbar.


Unser Auftrag 

Gefahrenbeurteilung
Die Gefahrenbeurteilung hat zum Ziel, die Gefährdung der Gebiete unterhalb des Spitze Steis möglichst genau abzuschätzen. Seit 2018 wurden zahlreiche Untersuchungen am Berg durchgeführt, um detaillierte Grundlagen für eine zuverlässige Gefahrenbeurteilung zu schaffen. Dazu zählen Messungen der Geländebewegungen, geologische Kartierungen sowie Bohrungen zur Erkundung des Untergrunds.

 

Die Aufbereitung der erhobenen Daten resultierte unter anderem in einer detaillierten Karte der Phänomene sowie einem hoch aufgelösten 3D-geologischen Modell der instabilen Flanke. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Karte der Phänomene sowie ein zentral durch die Rutschung verlaufendes Längsprofil.

Eine interaktive Version des 3D-Modells ist unter folgendem Link einsehbar.

GPS-Messstation für die permanente Überwachung.

Karte der Phänomene für die Rutschung Spitze Stei. Die verschiedenen Farbtöne kennzeichnen Rutschkompartimente, die sich bezüglich Bewegungsrate, Bewegungsrichtung und/oder Art des mobilisierten Materials (Fels bzw. Schutt) von den benachbarten Kompartimenten unterscheiden. Die Buchstaben A und B kennzeichnen den Verlauf des nachfolgend gezeigten Längsprofils. .

Das 3D-geologische Modell des Spitze Stei stellte eine wichtige Grundlage für die Definition der Abbruchszenarien dar. Per Ende 2024 wurden zehn verschiedene Abbruchszenarien unterschieden, mit Kubaturen zwischen wenigen 100'000 bis mehreren Millionen Kubikmetern. Während ein vollständiger Absturz der gesamten Flanke (16 Millionen Kubikmeter) über den Betrachtungszeitraum der nächsten 10 Jahre als unwahrscheinlich gilt, wird ein Teilabsturz von mehreren Millionen Kubikmetern Fels als möglich eingestuft.


Die Wirkungsflächen der erwarteten Abbrüche wurden mittels Run-out-Simulationen abgegrenzt, wobei verschiedene Auslaufszenarien – z.B. Abbrüche unter feuchten bis trockenen Bedingungen – probabilistisch berücksichtigt wurden.

Untersuchung am Berg.

Längsprofil durch den zentralen Teil der Rutschung Spitze Stei. Der Verlauf des Profils ist in der vorangegangenen Karte der Phänomene mit den Buchstaben A und B gekennzeichnet. Rutschkompartimente, geologische Formationen und Schichtmächtigkeiten sind im Profil eingezeichnet.

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Resultate dieser probabilistischen Auslaufmodellierungen für die zehn Hauptszenarien des Prozesses Sturz. Die Wirkungsflächen des Folgeprozesses Murgang sind in der Abbildung nicht dargestellt.
 

schema-eintretenswahrscheinlichkeit.jpg

Wirkungsräume für den Prozess Sturz für die zehn Haupt-Abbruchszenarien. Die roten Linien begrenzen die Abbruchgebiete am Spitze Stei, die grünen Flächen die betroffenen Auslaufbereiche. Oben rechts befindet sich der Oeschinensee, oben links das Siedlungsgebiet von Kandersteg. Die Eintretenswahrscheinlichkeit bezieht sich auf den Zeitraum der nächsten 10 Jahre. Die farbigen Punkte im untersten Panel dienen dem Vergleich mit den weiteren Animationen und Abbildungen.


Unser Auftrag

Gefahrenmanagement
Angesichts der grossen potenziellen Absturzkubaturen und des hohen Schadenpotenzials in den betroffenen Wirkungsräumen kommt dem Gefahrenmanagement Spitze Stei eine zentrale Rolle zu. Im Rahmen des Gefahrenmanagements erfolgt eine kontinuierliche Überwachung der instabilen Flanke mittels GPS-, Tachymeter-, Radar und Kameras (vgl. nachfolgende Abbildungen).

Bohrungsarbeiten am Berg.

Frontansicht der Flanke Spitze Stei mit Positionen der installierten GPS, Messreflektoren und Kameras. Bei den Reflektoren handelt es sich um die Zielprismen für die automatisierten Tachymetermessungen.

Karte Schneehöhen.

GPS-Messstation im oberen Bereich des Spitze Stei.

Arbeiten unter Extrembedingungen.

Instrumentestandort Rosshubel mit automatischem Tachymeter (a), Kamera (b) und Radar (c, platziert in Schutzhütte, vgl. Inset für Innenansicht).

Panorama des Arbeitsortes.

Reflektor-Verschiebungen des Jahres 2021, um Faktor 25 verlängert (1 m Massstab als Referenz) und farbkodiert nach Datum. Die aus den dreidimensionalen Reflektorpositionen berechneten Gleitwinkel und Richtungen (Azimuthe) sind ebenfalls annotiert.

Die instabile Flanke wird im Rahmen des Gefahrenmanagements periodisch mit Vermessungsdrohnen aufgenommen, um flächige Bewegungsraten und Absturzkubaturen zu bestimmen. Die den eingangs gezeigten Animationen zu Grunde liegenden Höhenmodelle wurden mit Vermessungsdrohnen erstellt. Nebst Animationen werden auch flächige Bewegungsfelder berechnet (vgl. nachfolgende Animation).     

picture7.png

Reflektor-Verschiebungen des Jahres 2021, um Faktor 25 verlängert (1 m Massstab als Referenz) und farbkodiert nach Datum. Die aus den dreidimensionalen Reflektorpositionen berechneten Gleitwinkel und Richtungen (Azimuthe) sind ebenfalls annotiert.

schema_messwerte.jpg

Kontinuierliche Messungen von Bodentemperatur, Lufttemperatur, Niederschlag und Schneehöhe ergänzen die obigen Messungen der Bewegungsraten. Insbesondere die Parameter Niederschlag und Schneeschmelze beeinflussen die Bewegungsraten in der Rutschung und fliessen daher in Now- und Forecast-Modellierungen der Bewegungsraten ein.   

Die Messdaten der Überwachung und die daran gekoppelten Modelle werden durch die GEOTEST regelmässig analysiert. Die Beurteilung resultiert in Gefährdungsflächen mit zugeordneten Gefahrenstufen, welche im Rahmen wöchentlicher bis täglicher Lagebeurteilungen kommuniziert werden. Bei Bedarf werden der Gemeinde Kandersteg Massnahmen (z.B. Sperrungen, Evakuationen) empfohlen. Letztere sind in Sicherheitskonzepten und der Notfallplanung soweit möglich vorgeplant. Die Arbeiten der GEOTEST am Spitze Stei sorgen damit für nachhaltig mehr Sicherheit im Tal.
 

Verschütteter Bach in Kandersteg.

Wetterstation zur Messung meteorologischer Parameter unterhalb der Rutschung Spitze Stei.

Die fortlaufende Messkampagne der GEOTEST sorgt für nachhaltig mehr Sicherheit im Tal.

Christian Kienholz, Projektleiter

 

CSS + HTML only Accordion Element

  • This page was written in HTML and CSS. The CSS was compiled from SASS. I used Normalize as my CSS reset and -prefix-free to save myself some headaches. I haven't quite gotten the hang of Slim for compiling into HTML, but someday I'll use it since its syntax compliments that of SASS. Regardless, this could all be done in plain HTML and CSS.

  • Using the sibling and checked selectors, we can determine the styling of sibling elements based on the checked state of the checkbox input element. One use, as demonstrated here, is an entirely CSS and HTML accordion element. Media queries are used to make the element responsive to different screen sizes.

  • Du hast Zeit? Wir haben den Praktikumsplatz 🚀 Tauche ein in den vielfältigen Berufsalltag bei der GEOTEST und lerne jeden Tag dazu 🤓. Gemeinsam klären wir Dauer, Arbeitsort und Fachbereich deines Praktikums. Dein Praktikum – unser Angebot: Ein halbes Jahr oder doch lieber drei Monate? Wähle die Dauer deines Praktikums – üblicherweise zwischen drei und sechs Monaten. Zollikofen, Le Mont-sur-Lausanne, Davos oder lieber Horw? Du findest uns an sieben Standorten in der ganzen Schweiz – und wir bieten dir an allen sieben Standorten Praktikumsplätze an. Hydrogeologie, Umwelt, Ingenieurgeologie oder Geotechnik? Egal welche Fragestellungen dich besonders interessieren – auf dich warten spannende Aufgaben in allen Geschäftsfeldern.

Auftraggeberin

Referenzen

Verwandte Projekte

Untersuchung am Berg.

Untersuchung am Berg.